Monatsarchiv für August 2005




Rubrik-Restart

Ein kurzes Announcement für alle Leser, die den RSS-Feed benutzen: Innerhalb der nächsten Tage Wochen werde ich mal ordentlich die Kategorien aufräumen und die Anzahl der angezeigten Einträge auf der Startseite umstellen; etwas, das mich schon lange umtreibt und anscheinend gerade im Trend liegt. Erfahrungsgemäß können solche Umbauarbeiten jedoch dazu führen, dass die davon betroffenen Einträge, egal wie alt, erneut im RSS-Feed auftauchen. Das nur als Warnung. Und als Entschuldigung.



It better sell some bloody beer

It's freaking huge Dieser Tage wird ein Werbespot durch’s Netz gereicht (Danke: Conni), der auf meiner Nach-Cannes-ist-vor-Cannes-Hitlist sofort einen Spitzenplatz eingenommen hat. Der Spot kommt vom fünften Kontinent, genauer von der Agentur George Patterson Partners, und wirbt für Carlton Draught Bier. Und wie das so häufig ist bei Bierwerbung, die nicht aus deutschen Landen kommt, werden auch in diesem Big Ad einmal mehr Humor und Entertainment groß geschrieben, in diesem Fall sogar sehr, sehr groß.
Zwei Details sind ebenfalls zu würdigen: erstens die Referenz auf die Werbung selbst, etwas, das nur in einem Kulturraum (dem angelsächsischen nämlich) möglich ist, der Werbung nicht als notwendiges oder gar überflüssiges Übel betrachtet, sondern als Teil der Alltagskultur. Und zweitens die ironische Anspielung auf die Massenszenen des auf der Nachbarinsel gedrehten Herrn der Ringe. Übrigens würde es mich nicht wundern, wenn auch das Big Ad mit Hilfe der Massive-Software von WETA Digital entstanden wäre, die für eben diese Trilogie entwickelt wurde und die auch schon dem Mountain von Sony Playstation zu seinen beeindruckenden Bildern verhalf.

Die Credits:
CD: James McGrath; Senior Writer: Ant Keogh; Senior Art Director: Grant Rutherford; Regie: Paul Middleditch; Filmproduktion: Plaza Films.

Update (Advertising History Roundup): Mittlerweile hat sich der Schleier der Vergangenheit gelüftet und die inszenatorische Steilvorlage des Carlton-Spots ist aus der Versenkung aufgetaucht. Während ich jedoch den British Airways Spot The Island von Saatchi & Saatchi in Erinnerung hatte, der 1995 auf den Sender ging, ist es in Wahrheit der British Airways Spot Global Face von Saatchi & Saatchi aus dem Jahr 1989, der sozusagen der Patenonkel des Big Ad ist.
Was man an den beiden Veteraren aber auch sieht: Mit „The Island“ haben sich Saatchi & Saatchi und BA damals schamlos selbst kopiert: „Hey, lasst uns doch wieder so einen GROSSEN Spot machen, mit gaaanz vielen Leuten, sowas total künstlerisch Anspruchsvolles und auf jeden Fall mit klassischer Musik im ‚zeitgemäßen’ Pop-Remix“. Sogar der Regisseur, Hugh Hudson (und nicht Tony Kaye oder die Scotts), ist bei beiden Filmen derselbe.
Ach ja, und noch was: Carlton und BA demonstrieren beispielhaft, welchen Weg die Werbung in den letzten 16 bzw. zehn Jahren genommen hat. Was 1989 (und auch 1995) in seinem unverhohlenen Pathos und der „One World“-Inszenierung noch völlig ernst gemeint war, lässt sich 2005 — als „gute“ Werbung — nur noch durch das Prisma der Ironie betrachten.



Mendeln mit Mercedes

Ruß. Oder Schnee.
Warum eigentlich die Gesetze der Vererbungslehre nicht auch mal in der Werbung anwenden? So oder so ähnlich dachten sich das anscheinend neulich die Werber von Springer & Jacoby. Und dachten sich weiter: Wenn das nämlich funktionieren würde, könnte man dann nicht erfolgreiche Werbideen kreuzen, so dass ihre Abkömmlinge noch erfolgreicher werden? Und weil lange Rumschnacken nicht das Ding der Norddeutschen ist, ließ sich das erstaunliche Resultat kreativer Genmanipulation vor ein paar Wochen im deutschen Werbe-TV bewundern, und zwar in Form eines Werbespots für Rußpartikelfilter von Mercedes Benz, dessen Bild oben zu sehen ist.
Schnee. Oder Ruß.
Der zweite Frame hingegen stammt aus dem bereits 2002 von S&J entwickelten Werbespot “Schnee”, der genau die gleiche Media-Idee hat, sich nur anders auflöst: statt weißem Bildschirm schält sich nach einiger Zeit ein C-Klasse Mercedes mit 4MATIC aus dem Rauschen — Mercedes’ Angebot zur Lösung aller witterungsbedingten Fahrprobleme. Dem ADC war dies 2003 immerhin eine Auszeichnung wert und auch international konnte der Spot Lorbeeren einheimsen.
Doch zum erfolgreichen Mendeln gehören immer zwei, weswegen die Hamburger zur Realisierung ihrer Rußpartikel-Idee auf einen weiteren, noch erfolgreicheren und äußerst vitalen “Vorfahren” aus der Mercedes-Spot-Ahnenreihe zurückgriffen: den mit ADC-, Cannes- und noch weiterem Gold überhäuften Sound des Sommers der Mercedes Benz Cabrios (Flash-Plugin benötigt). Wer nämlich einmal genau hinhört, wird am Ende des einen wie am Ende des anderen äußerst ähnliche, wenn nicht gar gleiche Sound-Effekte heraushören.
Rein rechnerisch müsste der Rußpartikel-Film also ein echter Grand-Prix-Anwärter sein. Ich für meinen Teil werde allerdings das Gefühl nicht los, dass die Gesetze der Evolution in der Kreation nicht wirklich greifen. So dass wir es hier letztendlich weder mit Genetik noch mit höherer Mathematik zu tun hätten. Sondern einer ganz anderen Art von Biologie: Recycling.



Famous Last Words, Vol. 16

His hand closed automatically around the fake Horcrux, but in spite of everything, in spite of the dark and twisting path he saw stretching ahead for himself, in spite of the final meeting with Voldemort he knew must come, whether in a month, in a year, or in ten, he felt his heart lift at the thought that there was still one last golden day of peace left to enjoy with Ron and Hermione.

J. K. Rowling, Harry Potter and the Half-Blood Prince

(und im übrigen einer von einer Handvoll Gründen, warum ich in letzter Zeit so wenig zum Schreiben gekommen bin)