Im folgenden ein [TVC], das gleich mehrere Fragen aufwirft: 1. Ist das wirklich echt? 2. Ist die Grenze zum guten Geschmack endgültig überschritten? 3. Was soll das? 4. Wer findet sowas eigentlich gut? 5. Und worum geht’s hier eigentlich?
Zu Punkt 5: Es geht um das Follow-up eines Werbespots für den Ford Sportka, der vor einigen Monaten bereits für Furore und hitzige Diskussionen sorgte, weil darin das offensichtlich dämonisierte Auto (Slogan: “The Ka’s Evil Twin” – ganz groß) eine Taube ins Jenseits beförderte. Der neue Spot geht noch ein Stück weiter.
Womit wir bei Punkt 1 wären: Die Bilder an sich sind natürlich brilliante CG- und Präparationstricks; die Frage ist vielmehr: Haben sich Unbekannte Freaks und Geeks an den Originalspot drangehängt, oder hat das wirklich die hochseriöse Werbeagentur (Ogilvy & Mather UK) gemacht und der stockkonservative Mainstream-Kunde (Ford) freigegeben?
Niemand ist sich sicher, nicht mal die Werber. Was eine lustige Volte ist, sind es doch gerade wir Werbefachleute, die immer wieder versuchen, die Grenzen zwischen Kommerz und Kultur zu verwischen. Auch, dass die produktzugehörige Website www.the-eviltwin.co.uk zur Zeit (?) nicht mehr erreichbar ist, fördert eher das Mißtrauen, als es zu zerstreuen. Dennoch lautet meine Vermutung: Ja, auch dieser Spot ist echt, siehe auch Punkt 3.
Doch zunächst noch Punkt 2: Die Grenzen, auch die des Geschmack, sind, wie immer und überall außer im Oval Office, fließend: The Passion of the Christ ist auch nicht jedermanns Sache, aber es gibt anscheinend genug Leute, die auf das Leiden Christi stehen, und zwar auch jenseits der unheimlichen Flagellanten von “Opus Dei”.
Und damit zu Punkt 3: Sowohl der Taubenspot als auch höchstwahrscheinlich dieser sind Teil einer viralen Internet-Kampagne, deren Ausgangspunkt die Adresse der Website ist bzw. war. Für eine ganz bestimmte Zielgruppe gemacht, und von Anfang an mit dem kalkulierten Effekt des Skandals als Brand- bzw. Weiterleitungsbeschleuniger angelegt. Das Ziel: Zum Talk of the Town nicht durch Großplakatierung und Mega-Events, sondern durch die viel effizientere Email-Inbox der 21.-Century-Werbe-User.
Bleibt noch Punkt 4: Keine Ahnung, wer auf sowas steht. Ausgerechnet die Liebhaber christlicher Blutspektakel wahrscheinlich nicht. Auf jeden Fall aber ich.
(Dank an Dominic und Anke, die Frankfurt-Hamburg-Ad-Spotting-Achse)